Eine kleine Gesprächsrunde diskutierte vor Ort und mehr Teilnehmer digital diskutierten bei der Veranstaltungsreihe „Zusammen stark gegen Gewalt“. Juliane Büker/Caritas Münster
In drei Fachveranstaltungen brachte der Diözesancaritasverband Münster Opfer von Gewalt und Berater an einen Tisch - zuletzt in hybrider Form am Internationalen Frauentag mit dem Plädoyer: "Das Thema Gewalt brauche mehr Öffentlichkeit, Courage und Prävention schon im Kindesalter", so Brüggenthies. Weitere Veranstaltungen in der Reihe "Zusammen stark gegen Gewalt" sind deswegen geplant.
Alice Westphal ist als Kind missbraucht worden. Ihr Leid setzte sich im Erwachsenenalter fort, indem sie in Beziehungen mit schlagenden Männern geriet. "Wenn der rote Faden der Gewalt nicht durchbrochen wird, geht es weiter", erlebte die heute 63-Jährige. Jede dritte Frau werde im Laufe ihres Lebens einmal Opfer von Gewalt. Aus der Opferrolle herauszukommen, sei ihr damals schwergefallen. Heute nutzt sie jede Gelegenheit, über die Straftat Gewalt gegen Frauen zu informieren und engagiert sich in verschiedenen Gremien: als Initiatorin des #ichbinjededrittefrau, Autorin, Sprecherin des Betroffenenrates/Traumanetz Berlin und als Vorständin im SIGNALe.V.
Damit sei Alice Westphal kein Einzelfall, so die Opferschutzbeauftragte der Polizei Münster. Seit zwei Jahren nimmt Cordula Mayer nach der Meldung über eine Straftat häuslicher Gewalt proaktiv Kontakt zu betroffenen Frauen auf. Die Opfer seien darüber oft erstaunt. Denn dass aktiv Hilfe angeboten werde, sei bisher noch selten. "Mir hätte so ein Anruf damals sehr geholfen", erinnert sich Alice Westphal, zeitweise sei sie in ein Frauenhaus geflohen
Bis Gewaltopfer Hilfe aber annehmen können, brauche es nicht selten mehr als sieben Anläufe, erklärt Mayer. Viele Frauen fühlten sich schuldig. "Als Begründung dafür, dass ein Mann seine Frau geschlagen hat, reicht es manchmal schon, dass das Essen zu salzig war."
Dabei ist es nicht das ungenießbare Essen, das Leid verursacht. "Derjenige, der Gewalt ausübt, trägt die Verantwortung - niemand anderes", ergänzt Jonas Lemli. An dieser Einsicht arbeitet der Berater in der Caritas-Männerberatung. Zu ihm kommen sowohl Männer, die selbst schon zu Tätern geworden sind, als auch solche, die Angst haben, es zu werden - aber auch Männer, die selbst Opfer geworden sind. Die präventive Arbeit mit Männern sei ein wichtiger Baustein im Kampf gegen häusliche Gewalt. Prävention sollte schon in Schule oder Kita beginnen. Dort sollten Kinder lernen, sich anders verbal zu behaupten und Gewalt anzusprechen: "Wenn wir alle lernen wegzugucken, sind wir Teil eines Systems, das Gewalt unterstützt", so Lemli.
Der Diözesancaritasverband Münster plant weitere Veranstaltungen in der Reihe "Zusammen stark gegen Gewalt". Auf der Internetseite www.caritas-muenster.de wird im Vorfeld dazu informiert. Interessierte können sich bei Barbara Issing mit einer Mail an issing@caritas-muenster.de vormerken lassen.
031-2022 (bü) 10. April 2022