Jäten, pflanzen, säen – mithilfe des Garten-Projekts der Caritas hat Jörg Bartkowski den Weg zurück in die Arbeit gefunden. Foto: Carolin Kronenburg / Caritasverband für die Diözese Münster
Wie die Caritas in Herten Wege aus der Armut ebnet, das haben die Diözesancaritasdirektoren Pia Stapel und Dominique Hopfenzitz bei einem Besuch erfahren. Unter dem Motto "Den Menschen nah" haben die Vorstände des Caritasverbands Herten, Jan Hindrichs und Markus Lerche, den Gästen aus Münster ihre soziale Arbeit vorgestellt.
Mit einem gekonnten Griff rupft Jörg Bartkowski das Unkraut am Rand des Blumenbeets. Schön soll es sein auf dem Grundstück der Franz-Hahn-Werkstatt im Hertener Süden. Anfang 2023 kam er über das Jobcenter zur Wiedereingliederungsmaßnahme in die Caritas-Einrichtung. Schon der erste Eindruck sei mehr als gut gewesen. "Ich war neugierig auf den Austausch mit Gleichgesinnten", erinnert sich der 56-Jährige. Gleichgesinnte, das sind Langzeitarbeitslose wie er. Zehn Jahre war er krankheitsbedingt zu Hause. Zehn Jahre ohne Tagesstruktur, zehn Jahre am Existenzminimum, zehn Jahre abgestempelt als Faulenzer.
Zuerst hatte er in der Werkstatt mit Holz gearbeitet, was ihm aufgrund der starken Arthrose in den Händen über mehrere Stunden unmöglich war. Jäten, pflanzen, säen - im Garten-Projekt konnte er sich dann einbringen und eine kleine Oase erblühen lassen. "Ich bin dankbar dafür, dass ich hier austesten konnte, was mein Körper noch packt", sagt Bartkowski, der sich selbst als Hertener Urgestein bezeichnet. Mit den gesammelten Erfahrungen der letzten Jahre ist er sich sicher, dass er den beruflichen Wiedereinstieg schafft. Sobald er einen Platz bekommt, startet er eine sechsmonatige Fortbildung zur Zusatzkraft in der Offenen Ganztagsschule - hoffnungsvoll, den Lebensunterhalt endlich wieder mit der eigenen Hände Arbeit verdienen zu können.
Seit Mitte 2024 werden Arbeitsgelegenheiten wie diese nicht mehr aus dem Bundeshaushalt für Eingliederung finanziert. Obwohl die Förderung gekürzt wurde, sind die Menschen noch da - Bartkowski und viele andere kommen auch ohne Lohn. Laut Sozialarbeiter Karlheinz Feindert ist das Aus der 15 Wiedereingliederungsplätze eine kurzsichtige Einsparung: "Wir haben hier durch eine hohe Beziehungsqualität und Kontinuität Menschen, die als aussichtslose Fälle galten, in den ersten Arbeitsmarkt und damit heraus aus dem Bürgergeldbezug vermittelt." Für Jan Hindrichs, Vorstand des Caritasverbands Herten, war immer klar: "Schließen wir die Werkstatt-Tür, bricht hier unwiderruflich etwas weg. Wenn wir den Menschen wirklich aus der Armut helfen wollen, müssen wir hier die Tür offenhalten."
Deshalb wurde die Werkstatt als offenes Angebot in Kooperation mit dem Tafelladen zu einem Sozialen Zentrum weiterentwickelt. "Kalle" Feindert bietet Sozialberatungen an. Zudem gibt es Kinderwerkgruppen und eine mobile Werkstatt für die Kinder der nahegelegenen Grundschule. Das offene Hofcafé bietet ein Mal im Monat eine niederschwellige Möglichkeit zu Gesprächen und Beziehungspflege. "So versuchen wir, mit Menschen in prekären Lebenslagen in Kontakt zu kommen, und sie in das bestehende Hilfenetzwerk zu vermitteln", erklärt Hindrichs. "Der Versuch einer Antwort auf den löchrigen Sozialstaat."
Das Caritas-Hilfe-System in Herten lernten die Gäste aus Münster im Anschluss beim Besuch von Familienbüro, Schuldnerberatung, Haus der Kulturen, Wohnen für Flüchtlinge und der Altenhilfeeinrichtung St. Barbara kennen. Mit 500 Mitarbeitenden und rund 700 Ehrenamtlichen gehört die Caritas nicht nur zu den großen Arbeitgebern in der Stadt, sondern steht seit 50 Jahren für Teilhabe, Vielfalt und Demokratie. "Wir sind tief beeindruckt von der sozialen Arbeit der Caritas in Herten", betont Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz am Ende des Besuches. "Man hat den besonderen Geist gespürt, die Offenheit, die Herzlichkeit."
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen, 89 Kindertageseinrichtungen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
021-2025 (ck) 3. Juli 2025