Der "Ratschlag Kinderarmut", ein bundesweiter Zusammenschluss von 51 Akteuren aus Gesellschaft und Wissenschaft, mahnt ein Umdenken in der Politik im Kampf gegen Armut von Kindern und Jugendlichen an. In einer am 5. September in Düsseldorf gemeinsam unterzeichneten Erklärung fordert die Initiative, dass Bund und Länder dabei gemeinsam an einem Strang ziehen müssen. Auch die Caritas für das Bistum Münster gehört zu den Unterzeichnenden.
"Weg von einem Kooperationsverbot zwischen den föderalen Ebenen und hin zu einem Kooperationsgebot", heißt es in der Stellungnahme. "Vor dem Hintergrund einer Sparpolitik, die auch vor Angeboten für Kinder, Jugendliche und ihre Familien nicht haltmacht, fordert der Ratschlag Kinderarmut ein Umdenken im Zusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen." Nicht die Frage, wer welche Maßnahmen bezahle, sollte im Vordergrund stehen, sondern die Förderung eines "guten Aufwachsens für alle". Dafür brauche es eine Stärkung der Infrastruktur vor Ort. "Das wird aber nur funktionieren, wenn Kommunen, Länder und der Bund sich gemeinsam zuständig fühlen und alle Ebenen auch tatsächlich Verantwortung übernehmen."
Ein Aufwachsen in Armut habe schwerwiegende, lebenslange Folgen für die Kinder und Jugendlichen, aber auch für die gesamte Gesellschaft, sagt Stefanie Tegeler, die als Leiterin des Bereichs Soziale Arbeit des Diözesancaritasverbandes Münster in der Initiative mitarbeitet. "Die ökonomischen Folgen von Kinderarmut sind im Augenblick noch nicht abschätzbar, zudem trägt sie zu einer Spaltung der Gesellschaft bei, welche die Demokratie bedrohen kann."
Der jetzige Appell sei überfällig, weil in Deutschland jedes fünfte Kind von Armut betroffen ist. "Das sollten wir uns in einem so reichen Land nicht leisten", so Stefanie Tegeler. "Kinder erleben dabei schon sehr früh, was es heißt ausgegrenzt und kein Teil dieser Gesellschaft zu sein." Von Armut betroffen zu sein, bedeute immer Scham und Stigmatisierung. "Wir fordern in dem Ratschlag deshalb eine sozialräumliche, wohnortnahe Infrastruktur für betroffene Kinder und ihre Familien", sagt Stefanie Tegeler. Beratungsstellen, Freizeitangebote, Offener Ganztag, Sozialarbeit oder KiTa-Plätze müssten ausreichend finanziert werden. "Gleichzeitig müssen die Sozialleistungen, die Kindern und Familien zustehen, niedrigschwellig zugänglich verfügbar sein."
Seit Jahrzehnten verharrt die Kinder- und Jugendarmut in Deutschland aber auf
einem viel zu hohen Niveau von 20 Prozent, kritisieren die Unterzeichner des
Ratschlags. Die Heranwachsenden werden damit daran gehindert, "ihre Lebenswelt
gestalten und mitbestimmen zu können und in ihrer Gemeinschaftsfähigkeit und
Eigenverantwortung gestärkt zu werden, um Demokratie leben zu können". Nur eine
Neujustierung der Aufgaben- und Ausgabenverantwortung von Kommune, Land und
Bund könne dies verhindern. "Die bisherige Praxis von Bund, Ländern und
Kommunen, die Verantwortung hin- und herzuschieben, muss aufhören."
Den Appell "Ratschlag Kinderarmut 2024" finden Sie anbei.
Den "Ratschlag Kinderarmut 2024" im Wortlaut finden Sie hier.
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum
Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder
Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder
psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000
hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz.
Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des
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Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen
der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27
Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.