Die finanzielle Not nimmt zu – das erleben Beraterinnen und Berater der Caritas Schuldnerberatung in Münster-Kinderhaus täglich. In der Beratungsstelle tauschten sich am 6. Februar Beratende, Vorstand der Caritas Münster und der neue Vorstand des Diözesancaritasverbandes Münster über einen steigenden Beratungsbedarf aus.Sven Mörth / Caritas im Bistum Münster
In der Corona-Pandemie sind durch Kurzarbeit oder Kündigung viele Menschen in finanzielle Schieflage geraten. Inflation und Energiekrise verschärfen die Situation erneut. Dass die Not wächst, zeigt auch eine dramatisch steigende Nachfrage bei den Beratungsdiensten der Caritas in Münster. "Den großen Bogen der Belastung erwarten wir dabei erst 2024", prognostiziert Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz. Am 6. Februar machte der neue Vorstand der Caritas im Bistum Münster bei der Caritas-Tour auch Halt in Münster-Kinderhaus.
Die Caritas bietet in Münster-Kinderhaus unter anderem Beratung zur Existenzsicherung an, dazu zählt auch die Schuldnerberatung. "Anträge auf eine Privatinsolvenz haben sich in Münster von 2020 zu 2021 nahezu verdoppelt", sagt Benjamin Morise, Leiter des Bereichs Existenzsicherung. "Und jetzt kommen die ersten Klienten mit einer Nachzahlungsaufforderung ihres Energieversorgers zu uns". Eine Rückforderung von 900 Euro sei keine Seltenheit. "In einigen Fällen braucht es dann nicht nur jemanden, der die Rechnung begleicht", sagt Morise. Oft brenne es an mehreren Stellen. Die Caritas habe den Vorteil, wenn nötig, zum Beispiel Kollegen aus der Familien- und Erziehungsberatung hinzuziehen zu können.
"Die Folgen der Corona-Pandemie, die Energiekrise und steigende Lebensmittelkosten führen dazu, dass außerdem nicht mehr nur Menschen in Not geraten, die ohnehin wenig Geld zur Verfügung haben, weil sie beispielsweise von Sozialleistungen leben", betont Thomas Schlickum, Vorstand der Caritas für die Stadt Münster. Zunehmend seien es auch mittelständische Familien, die Hilfe benötigen.
Für die Beratungsstelle mit ihren begrenzten Kapazitäten war es zeitweise eine besondere Herausforderung, der hohen Nachfrage gerecht zu werden. Wer Hilfe brauchte, habe zum Teil ein halbes Jahr warten müssen, bis die Beratung starten konnte. "Lange Wartezeiten können wir Menschen in Not nicht zumuten", betont Dominique Hopfenzitz. "Hier sind die Kommunen gefordert, besonders in Krisenzeiten mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, damit Hilfesuchende zeitnah Unterstützung erhalten", so Hopfenzitz.
In Münster sei diese Notwendigkeit gesehen worden, berichtet Schlickum. Die Caritas in Münster-Kinderhaus übernimmt mit ihrem Angebot der Schuldner- und Insolvenzberatung eine kommunale Aufgabe. Die Stadt Münster habe das Budget aufgestockt. Um allen Anfragen gerecht werden zu können, wäre es aber notwendig, weitere Mitarbeiter einstellen zu können. Insbesondere weil damit zu rechnen sei, "dass der Höhepunkt der Anfragen noch nicht erreicht ist", sagt Schlickum.
004-2023 (bü) 7. Februar 2023