Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz, Carsten Feltkamp, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Erziehungshilfen, Tilman Fuchs, Dezernent für Schule, Kultur, Sport, Jugend, Soziales des Kreises Steinfurt, Daniela Surmann, Leiterin Bereich Kinder-, Jugend- und Familienhilfe beim Diözesancaritasverband, Prof. Dr. Christian Schrapper, Institut für Soziale Arbeit Münster und Michael Kaiser, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Erziehungshilfen (v.l.). Foto: Christa Vetter / Caritas im Bistum Münster
"Die Leistungsfähigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe stößt in Teilen an Grenzen und das hat Konsequenzen - bis hin zur Sicherung des Kinderschutzes." Das hat Carsten Feltkamp, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Erziehungshilfen (AGE), im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfekonferenz am 13. Juni 2024 in Haltern am See betont. Diese Einschätzung teilten die über 80 teilnehmenden Fach- und Führungskräfte aus den Diensten und Einrichtungen der Caritas.
"Wir müssen lauter werden und uns für gute Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche einsetzen", betonte Michael Kaiser, Vorsitzender der AGE im Bistum Münster. Jedes Kind habe laut Artikel 19 der UN-Kinderrechtskonvention ein Recht darauf, vor Gewalt geschützt zu werden. Mit der Ratifizierung dieser Konvention hat sich Deutschland dazu verpflichtet, alle geeigneten juristischen, sozialen und pädagogischen Maßnahmen zu ergreifen, um Kinder vor jeglicher Form der Gewaltanwendung, Misshandlung und Verwahrlosung zu bewahren. "Die Kinder- und Jugendhilfe spielt bei der Gewährleistung dieses Rechts eine zentrale Rolle als Teil der Verantwortungsgemeinschaft", sagte Kaiser.
Die Rahmenbedingungen zur Umsetzung dieser zentralen Aufgabe seien jedoch an vielen Stellen herausfordernd, so Feltkamp weiter: "Steigenden Bedarfen und gestiegener Komplexität stehen Fachkräftemangel, unzureichende Finanzierungen bis hin zu fehlenden Angeboten gegenüber." Konkretes Beispiel ist die prekäre Situation der Inobhutnahme-Einrichtungen bei akuter Kindeswohlgefährdung: Von bis zu 40 Anfragen von Jugendämtern innerhalb einer Woche berichtete eine Einrichtung der Erziehungshilfe der Caritas im Bistum Münster. Fast alle müsse die Einrichtung ablehnen, denn praktisch jeder Platz ist belegt.
Wie gelingt es der Kinder- und Jugendhilfe unter diesen schwierigen Bedingungen dennoch handlungsfähig zu bleiben? Diese Frage beschäftigte insbesondere die Teilnehmenden, die während der AGE Kinder- und Jugendhilfekonferenz zusammentrafen. Tilman Fuchs, Dezernent für Schule, Kultur, Sport, Jugend und Soziales des Kreises Steinfurt, gab in seinem Impulsvortrag Einblick in eine mögliche strategische Perspektive. "Bei der Suche nach Lösungsansätzen müssen wir die Aufgabe und Verantwortung der Eltern für ihre Kinder als wichtige Ressource stärker in die Diskussion bringen", so Fuchs. Wichtig sei bei allen Überlegungen als freie und öffentliche Träger im Sinne der Adressaten zusammenzuarbeiten.
Professor Christian Schrapper vom Institut für Soziale Arbeit (ISA) in Münster knüpfte in seinem Impulsvortrag aus wissenschaftlicher Perspektive daran an und wies ebenfalls auf die Ressource Eltern und deren frühzeitige Einbeziehung und Verantwortungsübernahme hin. Darüber hinaus sei die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Hilfeverläufen ein zentrales Instrument, welches in Zukunft noch besser genutzt werden kann. "Gut geschützt fühlen kann sich nur, wer gut beteiligt wird", sagte Schrapper.
Nach den beiden Impulsvorträgen und der Diskussion im Plenum, schlossen sich am Nachmittag Workshops zum Querschnittsthema Kinderschutz an, mit dem Ziel, die Erkenntnisse des Vormittags schwerpunktorientiert weiter zu bearbeiten und in die einzelnen Arbeitsfelder zu übertragen.
Am Ende der Veranstaltung wurde nochmals deutlich: die Aufgabe kann nur als Verantwortungsgemeinschaft bewältigt werden. "Es ist enorm, welche Anstrengungen die Caritas-Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfe, und letztlich vor allem die Mitarbeitenden vor Ort, unternehmen, um trotz der widrigen Umstände tragfähige Lösungen für Kinder und Jugendliche vorzuhalten", sagte Carsten Feltkamp vom Diözesancaritasverband. Die Arbeitsgemeinschaft der Erziehungshilfen werde die Ergebnisse der Veranstaltung nutzen, um handlungsorientierte Lösungsansätze aus der Praxis für die Praxis zu entwickeln und darüber hinaus die Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren zu fördern.
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
033-2024 (cf) 18. Juni 2024