Erhard und Christiane Holze unterstützen mit der Tilman-Holze-Stiftung unter dem Dach der Caritas GemeinschaftsStiftung für das Bistum Münster das Mittagsangebot der Drogenberatungsstelle in Ahlen. Foto: Juliane Büker / Caritas für das Bistum Münster
Die Bodendielen knarren. Kalter Zigarettenrauch liegt in der Luft, trotzdem ist es gemütlich im "Café". An einem der sechs Tische sitzen noch zwei Männer, die anderen Gäste sind schon gegangen. Heute, an einem Donnerstag, gab es Frühstück und ein warmes Mittagessen. "Wir wollten Hähnchenschenkel machen", sagt Wendy Whitfield, "dann ist der Ofen ausgefallen, aber wir haben improvisiert!" Die junge Sozialarbeiterin lächelt zufrieden: "Es gab trotzdem ein gutes Mittagessen."
Erst seit Kurzem kann die Drogenberatungsstelle in Ahlen für ihre Besucher statt Konserven-Suppen gesunde Mahlzeiten wie Hähnchenschenkel mit Gemüse zubereiten. "Unser neues Mittagsangebot hat sich schnell rumgesprochen - letztens waren rund 40 Besucher da, einige mussten schon im Stehen essen", sagt Wendy Whitfield. Das Mittagessen gibt es für einen Euro, anmelden muss man sich nicht. Für viele Menschen mit Suchtproblem ist die warme Mahlzeit im Café ein erster Kontakt zu dem Hilfsangebot der Drogenberatungsstelle. Früher hatte Wendy Whitfield 75 Euro im Monat, um daraus vier Mal Frühstück und Mittagessen zu zaubern. Jetzt sind es rund 200 Euro, damit ist mehr möglich.
"Ohne große Hürden Hilfe bekommen zu können, ist für Drogenabhängige sehr wichtig", sagt Dr. Erhard Holze. Mit der Tilman-Holze-Stiftung der Caritas unterstützt das Ehepaar Holze Projekte oder Aktionen, die Drogenprävention oder Hilfe für drogenkranke Menschen fördern. Der Drogenberatungsstellte Ahlen hat die Stiftung rund 1.500 Euro für 2024 gespendet. "Ein warmes und gesundes Mittagessen zu fördern und suchtkranken Menschen auf die Weise Hilfsangebote näher zu bringen, ist absolut unterstützenswert", sagt Erhard Holze. Tilman, Sohn des Ehepaars Holze, ist mit 24 Jahren selbst an Drogenkonsum gestorben. Christiane Holze: "Wir wissen, dass Bedürfnisse des Körpers von Drogenabhängigen oft nicht mehr wahrgenommen werden. Suchtmittelkonsum vermindert Appetit. Essen zu kaufen steht auf der Prioritätenliste außerdem oft weit unter der Beschaffung von neuem Stoff." Umso wichtiger sei das leichtzugängliche Angebot warmer Mahlzeiten.
Wendy Whitfield sieht im gemeinsamen Kochen und miteinander Essen einen weiteren Gewinn: "Die Besucher dürfen sich wünschen, was wir kochen. Wann wird ein drogenkranker Mensch schon mal gefragt, was er oder sie möchte? Dadurch erfahren die Besucher Wertschätzung." Es seien einfache Dinge, die auf der Wunschliste stünden. Zuletzt gab es Milchreis mit Zimt. "Wie Zuhause als Kind", habe der Besucher über seine Wunschkost gesagt. "Menschen, die am Ende des Weges angekommen sind, erwarten oft nicht viel Gutes. Sie sind scheu, oft schämen sie sich", sagt Stifterin Christiane Holze.
Holger*, einer der beiden Männer, die noch am Tisch im Café sitzen, kommt oft zur Drogenberatungsstelle. "Wenn man Probleme mit einem Brief hat, kriegt man Hilfe", schätzt er. Der 64-Jährige hat vor vielen Jahren seine Frau und seine 12-jährige Tochter verloren. Durch den Versuch, den Verlust zu ertragen, rutschte Holger in die Abhängigkeit - erst Alkohol, dann harte Drogen: "Ich habe alles genommen, was dafür sorgt, nicht an die Sache zu denken." Jetzt nimmt er keine Drogen mehr. Auch Michael*, der Mann neben Holger, ist clean und im Methadon-Programm - bekommt einen Drogen-Ersatzstoff vom Arzt. Holger kommt seit 17 Jahren zur Drogenberatungsstelle in Ahlen. Der Kontakt zu den Mitarbeitenden und zu den anderen Besuchern habe ihm auch geholfen, seine soziale Isolation zu überwinden. "Neuerdings wird’s hier richtig voll!", sagt er und findet das gut. Holger hat sich auch schon etwas zu Essen gewünscht: Frikadellen, Erbsen und Kartoffelpüree.
*Namen von der Redaktion geändert
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
030-2024 (Juliane Büker) 20. Juni 2024