„Moment mal“
Der Monatsblog „Moment mal“ ist das öffentliche Web-Tagebuch der Caritas für das Bistum Münster zu Fragen von Gott und der Welt. Aus der Caritas für die Caritas stellen Autorinnen und Autoren einen Gedanken zur Verfügung, der zur persönlichen Lektüre oder auch für Teamsitzungen genutzt werden kann.
Sind Sie geübt im Schreiben? Möchten Sie einen ermutigenden Gedanken in kurzer, pointierter Form zur Verfügung stellen? Dann nehmen Sie gern Kontakt auf!
Juli - Flitterwochen inklusivSommer bedeutet für viele: Reisen. Auch für mich – doch meine Reisen waren oft anders. In meiner Arbeit begleitete ich Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen auf ihren Wegen durch die Welt. Ich war in Europa, Amerika, Afrika unterwegs, habe Menschen begleitet, die allein nicht reisen könnten. Doch eine dieser Reisen bleibt mir besonders in Erinnerung: eine Hochzeitsreise. Ein frisch verheiratetes Paar, das sich nichts sehnlicher wünschte als gemeinsame Flitterwochen. Nur sie zwei, ohne Eltern, ohne Wohngruppe. Doch allein verreisen? Zu viele Hindernisse: fehlende Orientierung, der Umgang mit dem Geld, medizinische und pflegerische Versorgung. Dann fragten sie mich. Meine Rolle? Da sein, wenn sie mich brauchten – und ansonsten verschwinden. Eine Woche lang unsichtbar sein, ohne wirklich weg zu sein. Aber wie macht man sich unsichtbar? Kinotickets kaufen, sie zum Platz bringen und erst nach dem Film wieder auftauchen. Ein Candle-Light-Dinner organisieren, aber nicht am Nachbartisch sitzen, sondern sich diskret zurückziehen. Ausflüge planen, Fahrkarten besorgen, Reservierungen machen – und im richtigen Moment einen Schritt zurücktreten. Ihre Reise in Bildern festhalten, Erinnerungen schaffen, ohne selbst auf einem einzigen Foto zu erscheinen. Es war ein Balanceakt zwischen Nähe und Distanz. Präsenz, ohne aufzufallen. Hilfe anbieten, ohne zu stören. Und genau darin lag die Magie dieser Reise. Sie durften ein Stück Freiheit erleben, sich verlieren und wiederfinden – im Vertrauen darauf, dass da jemand ist, falls sie ihn brauchen. Diese Erfahrung hat mir gezeigt: Wie oft stehen wir in unserem Alltag im Mittelpunkt, obwohl es gar nicht nötig wäre? Wann ist es besser, Raum zu geben, anstatt ihn selbst einzunehmen? Vielleicht lohnt es sich, innezuhalten und zu fragen: Wo in meinem Leben kann ich loslassen, damit jemand anderes wachsen kann? Svenja Hoffmann |
