Lorenz Werthmann: Gründer des Caritasverband
Vor sich sehen Sie eine Büste des katholischen Priesters und Sozialpolitikers Lorenz Werthmann (1858–1921), dem Gründer des Deutschen Caritasverbandes.
Lorenz Werthmann, Gründer des Caritasverbandes
Lorenz Werthmann wurde 1858 als Sohn eines Gutsverwalters in Geisenheim geboren. Nach dem Abitur zog es ihn 1881 nach Rom, wo er am Collegium Germanicum Theologie studierte. Dort traf er auf bedeutende Persönlichkeiten wie Papst Leo XIII. und Franz Hitze, die sein soziales Engagement nachhaltig prägten.
Nach seiner Priesterweihe und Promotion in Theologie und Philosophie kehrte Werthmann nach Deutschland zurück. In Limburg diente er zunächst als bischöflicher Sekretär, bevor er als Domkaplan in Frankfurt die Armut und die sozialen Nöte der Menschen in der Großstadt unmittelbar erlebte. Diese Erfahrungen weckten in ihm den festen Willen, Bedürftigen zu helfen. Schon nach kurzer Zeit kehrte er nach Limburg zurück und folgte Bischof Christian Roos nach seiner Wahl zum Erzbischof von Freiburg im Jahr 1886 als Sekretär in die Bischofsstadt. Dort engagierte sich Werthmann als Mitglied im Verein "Arbeiterwohl" und im Vincentiusverein und verfolgte mit Interesse die entstehende Caritasbewegung. Er erkannte die Notwendigkeit, karitative Arbeit zu organisieren und zu professionalisieren, um effektiv helfen zu können. Am 9. November 1897, auf dem zweiten Caritastag in Köln, rief der 39-jährige Theologe zur Gründung des Caritasverbandes auf. Seine Vision war klar: Die Kirche sollte eine aktive Rolle in der sozialen Arbeit spielen und die Fachlichkeit in der sozialen Arbeit gestärkt werden.
Während des Ersten Weltkriegs wurde die Not vieler Menschen so groß, dass die Deutsche Bischofskonferenz 1916 die Caritas als den Sozialverband der katholischen Kirche in Deutschland anerkannte.
Doch Werthmanns Engagement hatte auch eine Kehrseite. Werthmann, der sich stark für die Auswandererfürsorge einsetzte, befürwortete den deutschen Kolonialismus, den er als Chance sah, die christliche Mission zu fördern. Während des Krieges formulierte er als Ziel die Vergrößerung des deutschen Kolonialreiches, um die „Segnungen des Christentums“ zu verbreiten. Zudem engagierte sich im „Verein für das Deutschtum im Ausland“. Werthmanns konservative Ansichten und seine Betonung auf die Bewahrung des „Deutschtums“ und des Katholizismus in der Migration führten zu Spannungen mit liberaleren und progressiveren Kräften. Auch noch nach dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft 1919 protestierte er lautstark gegen den Verlust der Kolonien und argumentierte, dass die Deutschen ein Recht auf ihre Kolonien hätten.
Trotz dieser Kontroversen bleibt Werthmanns Beitrag zur sozialen Arbeit unbestritten. Seine Visionen leben bis heute weiter und prägen die soziale Landschaft in Deutschland. Heute engagieren sich insgesamt 1,2 Millionen ehren- und hauptamtlich Mitarbeitende in der Caritas.
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