Melanie Plag vom Pflegekinderdienstes des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) im Kreis Warendorf macht Mut, sich für ein Leben mit einem Pflegekind zu entscheiden.
Es gibt ungezählte Momente, in denen ihr "das Herz aufgeht", sagt Melanie Plag. Auch nach neun Jahren als Leiterin des Pflegekinderdienstes des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) im Kreis Warendorf werden diese Augenblicke nicht weniger. "Wenn ich erleben darf, wie Kinder Ängste ablegen und wieder Vertrauen in erwachsene Menschen entwickeln können, sind das große Geschenke für alle Beteiligten", sagt die Sozialarbeiterin.
Solche Situationen zu ermöglichen, wird nicht leichter. Denn die Zahl an Kindern, für die Pflegefamilien gesucht werden, wächst. Demgegenüber stehen oft Unsicherheiten auf der anderen Seite: Komme ich als Familie dafür in Frage? Was würde uns erwarten? Kann ich das überhaupt stemmen? Dieses Ungleichgewicht lässt sich in Zahlen belegen: In den 20 Pflegekinderdiensten des SkF, der Caritas und anderer Jugendhilfeeinrichtungen im Bistum Münster warten oft mehr als 100 Kinder auf eine Vollzeitpflege in einer Familie.
"Die Zahl der Bewerber ist aktuell deutlich gesunken", sagt Plag. Als Grund vermutet sie unter anderem die derzeitigen gesellschaftlichen Krisen. "Kriege, Inflation, die Coronazeit - das alles macht Menschen unsicher." Die Aufgabe, einem fremden Kind ein Zuhause zu geben, bedürfe aber einer eigenen Sicherheit. "Ich glaube, die haben viele Menschen gerade nicht."
Es gibt weitere gesellschaftliche Entwicklungen, die eine Entscheidung erschweren. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nennt Plag als Beispiel. "Es ist grundsätzlich immer noch schwer, beides unter einen Hut zu bringen." Pflegekinder bringen zusätzliche emotionale und organisatorische Herausforderungen mit. "Sie haben aus ihrem bisherigen Leben oft einen schweren Rucksack mitbekommen - der Bedarf an Zuwendung ist groß." Es sei enorm wichtig, dass sie in ein Zuhause kommen könnten, in der sie funktionierende Bindungserfahrungen machen könnten, um vorherige Erfahrungen von Vernachlässigung und Gewalt im familiären Kontext zu verarbeiten.
Wer sich für den Schritt zur Pflegefamilie entscheide, benötige deshalb gesamtgesellschaftliche Anerkennung. "Es braucht Signale der Wertschätzung", sagt Plag. "Das darf sich aber nicht allein im Lob widerspiegeln, es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine solche Entscheidung realistisch machen."
Plag sieht da auch die Politik in der Pflicht. Etwa bei der Schaffung finanzieller Sicherheit. Zwar stünden Pflegefamilien je nach Alter und Bedarf des Kindes 1000 bis 1500 Euro Pflegegeld im Monat zu. "Diese Summe ist aber zu niedrig, weil damit lediglich der erhöhte Aufwand durch das Kind gedeckt wird." Der mögliche Lohnverlust der Eltern oder eine Altersvorsorge würden damit nicht ausreichend berücksichtigt. "Es kann nicht sein, dass die Pflegeeltern später in Altersarmut gehen, weil sie sich um ein Kind gekümmert haben."
In dieser unzureichenden finanziellen Sicherheit spiegelt sich für Plag die zu geringe gesellschaftliche Anerkennung wider. "Das verunsichert viele zusätzlich, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Kind aufzunehmen." Vorbehalte zu diesem Schritt würden damit verstärkt. Die persönliche Hürde ist dagegen in den Augen von Plag "nicht niedrig, aber auch nicht zu hoch". "Pflege-Eltern müssen nicht perfekt sein, es geht vor allem um ihre Offenheit zu sich selbst und zum Kind." Die Pflegekinderdienste seien in der Vorbereitung, in der Zeit der Anbahnung und den folgenden Jahren intensive Begleiter.
Plag macht deshalb allen Menschen Mut, sich mit dem Gedanken für eine Pflegefamilie auseinanderzusetzen. "Wir sind offen für jede Lebensform und freuen uns über jeden, der sich auf dieses Abenteuer einlässt." Ein Abenteuer, auf das jeder am Ende stolz sein könne. "Indem sie einem Kind ein geschütztes Zuhause geben, übernehmen sie nicht nur eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe - indem sie ihm die Liebe und Zuneigung geben, die es verdient, erfüllen sie auch ihr Haus mit Leben, Freude und Wärme."
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen, 89 Kindertageseinrichtungen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
028-2025 (mib) 29. Juli 2025