Dominique Hopfenzitz, Direktor der Caritas im Bistum Münster.Foto: Achim Pohl /
Caritas im Bistum Münster
Dass Kommunen und Länder ihre eigenen Krankenhäuser durch Steuergelder unterstützen, ist verfassungswidrig. Das belegt ein am 30. November in Berlin vorgestelltes Rechtsgutachten zur defizitären Krankenhausfinanzierung. Das Berliner Gutachten ist laut Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz auch auf Nordrhein-Westfalen übertragbar.
Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf hatte das Gutachten im Auftrag des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschland, des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken (BDPK), des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV) und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) erstellt. Ausgangslage war die Feststellung, dass die öffentliche Hand eigene Krankenhäuser mit zusätzlichen finanziellen Mittel außerhalb der gesetzlichen Krankenhausfinanzierung unterstützt – beispielsweise durch Investitions- und Betriebskostenzuschüsse, Liquiditätshilfen zum Ausgleich negativer Betriebsergebnisse oder der Finanzierung von sogenannten Entlastungstarifverträgen, die auch zur Abwerbung von Personal eingesetzt werden. Christliche oder private Krankenhäuser kommen nur selten in den Genuss kommunaler Hilfen. Darüber hinaus fehlen die hierfür eingesetzten Steuermittel wiederum an anderer Stelle, beispielsweise für Kitas oder Sportvereine. Nachweislich seien in den letzten zwei Jahren Steuergelder in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro in kommunale und universitäre Krankenhäusern umgelenkt worden. Prof. Brosius-Gersdorf stellte heraus, dass die Finanzierung durch kommunale Mittel dem EU-Beihilferecht und dem gesetzlich verankerten Grundsatz der Trägerpluralität sowie dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspricht.
Dieser Auffassung schließen sich die Krankenhäuser in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft an, die immerhin zwei Drittel der Krankenhäuser in Deutschland betreiben. Sie kritisieren dieses Vorgehen als massive Wettbewerbsverzerrung. 29 Berliner Krankenhausträger haben deshalb Klage gegen das Land Berlin eingereicht, da die beiden öffentlichen Klinikträger (Vivantes und Charité) in den vergangen Jahren hunderte von Millionen vom Senat erhalten haben.
Gutachten auch auf Nordrhein-Westfalen übertragbar
Dominique Hopfenzitz, Direktor der Caritas im Bistum Münster: „Im Grundsatz stellen wir eine ähnliche Tendenz fest. Die kommunalen Krankenhausträger unterstützen und tragen ihre eigenen Häuser mit Steuermitteln.“ Im Bistum Münster stellen die katholischen Krankenhäuser den Hauptteil der Krankenhausversorgung sicher. Diese reicht von der Grund- und Regelversorgung bis zur Spitzenmedizin. „Unsere Krankenhäuser leiden unter der aktuellen Situation, weil Preis- und Tarifsteigerungen nicht angepasst werden“, so Marcus Proff, Referatsleiter Krankenhäuser und Pflegeausbildung beim Diözesancaritasverband. „Unterjährige Preisanpassung sieht das Krankenhausvergütungssystem nicht vor und auch die Bundespolitik, die darauf einwirken könnte, bleibt untätig“, kritisiert Proff.
„Wir sehen es ganz konkret am Universitätsklinikum Münster: Das Land hat als Träger in den vergangenen Jahren laut der veröffentlichten Bilanzen Fehlbeträge in Höhe von über 100 Millionen Euro aus Steuermitteln ausgeglichen“, ergänzt Hopfenzitz. Die Etablierung einer systemfremden Finanzierungssäule zum Erhalt öffentlicher Krankenhäuser aus Steuermitteln stelle ein zunehmendes Problem für die freigemeinnützigen Krankenhäuser dar, weil sie nicht berücksichtigt werden. „Wir fordern, dass alle Träger in der Krankenhausfinanzierung gleichgestellt werden, um so die Trägervielfalt zu erhalten. Das setzt eine auskömmliche Finanzierung aller Häuser voraus, die für die Versorgung notwendig sind. Bei wirtschaftlicher Unternehmensführung fallen dann auch keine Defizite an“, so Hopfenzitz weiter.
„Ein kalter und ungeplanter Strukturwandel geht auf Kosten der freigemeinnützigen Krankenhäuser und der Versorgung der Menschen vor Ort“, betont Proff und regt an, dass sich die Rechnungshöfe und der Bund der Steuerzahler dem Thema widmen sollten.
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich – die Caritas im Bistum
Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder
Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder
psychischer Erkrankung. Unter dem Motto „Not sehen und handeln“ sind 80.000
hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz.
Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des
Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM – Katholischer Verein für
Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen
der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen
und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
Münster 059-2023 (ck) 1. Dezember 2023