Marcus Proff, Referatsleiter Krankenhäuser bei der Caritas im Bistum Münster, Ralf Nennhaus, Geschäftsführer der St. Josef Krankenhaus GmbH Moers, Norbert Schürmann, Abteilungsleiter für Schmerz- und Palliativmedizin am St. Josef Krankenhaus, und Dr. Christian Schmitt, Direktor der Caritas im Bistum Münster (v.l.).Foto: Carolin Kronenburg / Caritas im Bistum Münster.
Diözesancaritasdirektor besucht Palliativstation des St. Josef Krankenhauses in Moers
Heute fühlt sich Krebspatientin Anna Müller* wie Kleopatra. Der Tag hat für die 79-Jährige mit einem Wellnessbad in warmem Wasser und Sahne begonnen. "Danach hat sich eine Schwester zu mir gesetzt und mich eingecremt", schwärmt Anna Müller und streicht sich lächelnd über den Arm. "Ich bin richtig glücklich", sagt sie, "denn man vergisst hier seine Sorgen." Ein Satz, den man auf der Palliativstation des St. Josef Krankenhauses in Moers nicht erwartet.
"So ein Bad löst schwere Muskelverspannungen", erklärt Norbert Schürmann, Facharzt für Anästhesie und Allgemeinmedizin, Palliativ- und Schmerzarzt. Dass Patientinnen wie Anna Müller trotz schwerer Erkrankung am Leben teilnehmen können, dafür ist er mit seinem multiprofessionellen Team da. Durch gute medikamentöse Einstellung könnten 99 Prozent der palliativen Patienten von unerträglichen Schmerzen befreit werden.
Die Medikamente seien ein sehr wichtiger Bestandteil - "aber viel wichtiger ist die Nähe zum Menschen", weiß Schürmann, "und dass die Angehörigen einbezogen werden." Einen Einblick, mit wieviel Menschlichkeit und Fachlichkeit schwerkranke Menschen begleitet werden können, bekam Dr. Christian Schmitt, Direktor der Caritas im Bistum Münster, am 27. Juni bei seinem Besuch auf der Palliativstation des St. Josef Krankenhauses in Moers.
Eine Woche vor der zweiten Lesung zur Regulierung der Suizidassistenz im Deutschen Bundestag nahm er das Gespräch zum Anlass, an Politikerinnen und Politiker zu appellieren, sich für den Ausbau von palliativmedizinischen Angeboten - zum Beispiel auch durch die Qualifizierung von Hausärzten - einzusetzen. Dieser sei dringend erforderlich, "damit sich Menschen für das Leben entscheiden können", die sonst Angst hätten, in ihren Schmerzen unterzugehen. Palliativmedizin habe eine wichtige suizidpräventive Wirkung und diene so dem vom Bundesverfassungsgericht gebotenen Lebensschutz. "Nach christlicher Auffassung sollen Menschen an der Hand und nicht durch die Hand anderer Menschen sterben", sagt Schmitt.
"Palliative Versorgung und hospizliche Begleitung leisten einen wertvollen, nicht hoch genug einzuschätzenden Dienst an der Gesellschaft", betont Schmitt und dankt dem gesamten Team und den vielen Ehrenamtlichen für einen "großartigen, menschenfreundlichen, das Leben bejahenden" Dienst: "Sie sind nah bei den Menschen und machen ihnen am Ende ihres Lebens Mut. Sie geben Angehörigen Wärme und Zuversicht. Mit der palliativen Versorgung und Begleitung ermöglichen Sie ein würdevolles Leben bis zum Tod."
Eine Palliativstation sei aber keine Sterbestation, erklärt Ralf Nennhaus, Geschäftsführer des St. Josef Krankenhauses. Vielmehr erfolge hier eine Einstellung auf den letzten Teil des Lebens. "Die große Verantwortung von Herrn Schürmann und seinem Team ist, die Menschen wieder in einen Bereich zu bringen, in dem sie sich wohlfühlen", sagt Nennhaus. Primäres Ziel sei, die Symptome zu lindern, damit die Menschen wieder nach Hause könnten.
"Auch ein schwerstkranker Patient kann Linderung erfahren", weiß Schürmann, der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin ist. Für die wenigen Menschen, die durch die Palliativmedizin nicht von unerträglichen Schmerzen befreit werden könnten, bedürfe es einer sehr differenzierten gesetzlichen Regelung, die möglichst nicht zu einer Erhöhung der Selbsttötungsrate führe. Assistierter Suizid müsse die Ultima Ratio, der letztmögliche Weg sein, um unerträgliches Leid der Menschen zu verhindern. "Gemeinsam wollen wir Schutzräume für verletzliches Leben schaffen", betont Diözesancaritasdirektor Schmitt am Ende des Besuchs. Damit Patientinnen wie Anna Müller noch einmal Kleopatra-Momente erleben könnten.
*Name von der Redaktion geändert
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich - die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto "Not sehen und handeln" sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM - Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 110 Tagespflegen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.
029-2023 (ck) 28. Juni 2023