Mit viel Herz eröffneten BDKJ-Diözesanvorsitzende Chiara Beyer, Bischof Dr. Felix Genn, Annika Frieler, Schülerin der Bischöflichen Marienschule in Münster, und Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz die Kampagne der katholischen Kirche zur Stärkung der Demokratie (vordere Reihe von links).Michael Bönte
Das Bistum Münster, der Diözesancaritasverband Münster und der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Bistum Münster haben am 15. Januar in Münster eine Kampagne gestartet, mit der die Demokratie in Deutschland gestärkt werden soll. Bis zu den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. September soll, wie es Münsters Bischof Dr. Felix Genn beim Kampagnenauftakt vor Journalisten in Münster betonte, das Bewusstsein dafür gestärkt werden, "dass wir alle gefordert sind, uns für den Fortbestand unserer Demokratie einzusetzen".
Zu den Beteiligten an der Kampagne gehören nicht nur Kirchengemeinden, katholische Verbände und Einrichtungen im Bistum Münster sowie die DKM Darlehenskasse Münster, sondern darüber hinaus auch alle Diözesancaritasverbände in Nordrhein-Westfalen. Auch der Diözesancaritasverband Osnabrück sowie das Erzbistum Freiburg machen bei der Kampagne mit. Die Kampagne ist zudem offen für Akteure anderer Kirchen und aus dem nichtkirchlichen Bereich. In Münster sind etwa bereits der Bürgerausschuss Münsterscher Karneval sowie Händlerinnen und Händler bei der Kampagne dabei.
Beim Kampagnenauftakt sagte Bischof Genn, dass die Demokraten zwar in Deutschland noch immer mehr seien als diejenigen, die den demokratischen Rechtsstaat in extremistischen Parteien oder Bewegungen in Frage stellen und abschaffen möchten. "Aber: Wir müssen auf der Hut sein! Es ist nicht selbstverständlich, in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben", warnte der Bischof. Demokratie, so unterstrich er, sei nicht nur die beste aller Staatsformen, sondern "eine Lebensauffassung". Bischof Genn: "Wir müssen wieder lernen, dass wir eine wehrhafte Demokratie benötigen mit Demokratinnen und Demokraten, die den Feinden unserer Demokratie sagen: Unser Land bekommt ihr nicht! Wir brauchen - wie wir es insbesondere bei der Friedensbewegung in den 1980er Jahren hatten - eine Demokratiebewegung in unserem Land."
Für den Bischof propagieren die Feinde der Demokratie einen völkischen Nationalismus, der Menschen ausgrenzt, weil sie eine andere Herkunft, Religion, Hautfarbe oder geschlechtliche Orientierung haben. "Das ist mit uns nicht zu machen! Als Christinnen und Christen stehen wir auf, wenn Ausgrenzung, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und ein Autoritarismus propagiert werden, die unsere freiheitlich demokratische Grundordnung gefährden. Die Würde des Menschen ist und bleibt unantastbar - das kann nur in einer Demokratie garantiert werden", sagte Bischof Genn. Sicher gäbe es bei diesem Thema auch "sehr dunkle Seiten" in der Geschichte der katholischen Kirche. Umso wichtiger sei es aber für Christinnen und Christen, sich heute den Demokratiefeinden entschieden zu widersetzen. Auch in der Kirche selbst brauche es mehr Mitbestimmung und Beteiligung aller, verwies Bischof Genn auf die Reformbewegungen in der Kirche.
Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz griff die Überlegungen des Bischofs auf und sagte, dass sich die Caritas für die Demokratie engagiere, weil sie die Werte einer offenen und gerechten Gesellschaft fördert. "Demokratie ermöglicht Freiheit, Vielfalt, Chancengleichheit, Respekt, Toleranz und Mitmenschlichkeit", sagte Hopfenzitz. Durch die Dienste und Einrichtungen der Caritas - von der Pflege bis zur Schuldnerberatung - ermögliche die Caritas seit Jahrzenten Teilhabe für alle Menschen und trage dadurch zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Darüber hinaus verstehe sich die Caritas als "Schule der Demokratie", indem sie Räume und Strukturen für gesellschaftliches Engagement schaffe: "Dies stärkt die demokratische Kultur und fördert die Beteiligung an politischen Prozessen." Der Einsatz für die Demokratie zahle sich "tausendfach" aus: Er diene dem Wohl aller und insbesondere auch dem der Klientinnen und Klienten. Dabei komme es auf jede und jeden Einzelnen an: "Wir brauchen eine breite demokratische Mobilisierung", sagte Hopfenzitz: "Jeder, der bei der Kampagne mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen." Angesprochen werden mit der Kampagne nach seiner Aussage insbesondere junge Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren.
Vor allem aus diesem Grund, so unterstrich die BDKJ-Diözesanvorsitzende Chiara Beyer, seien auch die katholischen Jugendverbände unter dem Dach des BDKJ gerne bei der Kampagne dabei. Für den BDKJ, der sein Engagement grundsätzlich als "katholisch, politisch und aktiv" verstehe, stehe es nicht in Frage "für die Demokratie zu kämpfen". Ziel der Kampagne sei es aus Sicht des BDKJ vor allem, dass die Menschen angeregt würden, über die Demokratie sowie über ihre Wünsche an die Politik und über die Gesellschaft, in der sie leben wollen, nachzudenken. Was die Jugendverbände eine, sei gelebte Demokratie, die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und der Wert der eigenen Meinung. "Diese Haltung wollen wir weitergeben und mit der Kampagne verbreiten", sagte Beyer. Das größte Problem junger Menschen im Blick auf die Politik sei, dass sie sich nicht mehr gehört fühlten. Chiara Beyer: "Und das müssen wir ändern! Kinder und Jugendliche müssen in allen Themenbereichen mitgedacht und gehört werden." Zudem gelte es, sich auch für die Menschen einzusetzen, die nicht allein kämpfen können und Unterstützung benötigen. Die Kampagne biete sehr niederschwellig viele Möglichkeiten, sich für die Demokratie einzusetzen und Freiheit zu leben.
Die Umsetzung der Kampagne ist so vielfältig wie ihr Bündnis. Das Bistum Münster startet beispielsweise einen Wettbewerb für mehr als 10.000 Schülerinnen und Schüler der katholischen Schulen in der Diözese. Beim Kampagnenauftakt waren auch Schülerinnen der Bischöflichen Marienschule aus Münster dabei. Die Zehntklässlerin Annika Frieler sagte, dass Jugendliche sich bewusst machen müssten, dass es keineswegs selbstverständlich sei, in einer Demokratie zu leben. Sie warb dafür, sich als Jugendlicher für die Demokratie einzusetzen, um nicht eines Tages in einer Diktatur aufzuwachen. Dabei müssten sich junge Menschen bewusst sein, dass Demokratie nicht erst im Bundestag anfange, sondern in vielen Alltäglichkeiten, bei denen es Entscheidungsmöglichkeiten gibt. Annika Frieler: "Demokratie war noch nie selbstverständlich und wird es auch nie sein! Deshalb ist es auch die Aufgabe von uns, die wir noch nicht erwachsen sind, dass die Demokratie bestehen bleibt."
Ähnlich wie der Schulwettbewerb läuft auch ein Social-Media-Wet tbewerb der Caritas für die Auszubildenden, Pflegeschülerinnen und -schüler sowie junge Mitarbeitende der Caritas. Durch selbst erstellte Reels (kurze Videoclips) sollen in beiden Wettbewerben junge Wählerinnen und Wähler über ihre eigenen Social-Media-Kanäle für den Mehrwert der Demokratie und Wahlbeteiligung werben.
Im Rahmen der Demokratie-Kampagne werden zudem zahlreiche Podiumsdiskussionen sowie Aktionen und Veranstaltungen mit und für junge Erwachsene zum Thema "Demokratie" stattfinden.
In der Öffentlichkeit wird die Kampagne insbesondere durch das bunte Logo sichtbar werden. Auf verschiedenfarbigen Herzen steht der Slogan der Kampagne: "Mensch Münster! Lebe Freiheit!". Dabei ist "Münster" nur ein Platzhalter und im Logo von allen Mitmachenden individuell veränderbar. So wird es dann etwa im Erzbistum Freiburg heißen: "Mensch Südwesten! Lebe Freiheit!" oder bei den Caritasverbänden "Mensch Caritas! Lebe Freiheit!" Und gerade im Blick auf die Zielgruppe junger Menschen darf "Mensch Digga! Lebe Freiheit" nicht fehlen.
Weitere Informationen und auch den Link zum Lebe-Freiheit-Shop, in dem das Material für den eigenen Ort oder die eigene Einrichtung angepasst und individualisiert werden kann, gibt es im Internet auf: www.lebefreiheit.de